Westfälische Nachrichten, 8.5.16

Es gibt keine Bühne und keine zentrale Bestuhlung: Für die letzte Schlacht eines „Königs namens Macbeth“ wird ein Teil der Gäste zu den königstreuen Schotten.
Es gibt keine Bühne und keine zentrale Bestuhlung: Für die letzte Schlacht eines „Königs namens Macbeth“ wird ein Teil der Gäste zu den königstreuen Schotten.

Zwei Heere für die letzte Schlacht

 

 

Münster-Hiltrup - Im Kulturbahnhof bot das Theaterlabor eine bemerkenswerte Inszenierung von „Ein König namens Macbeth“ – frei nach Shakespeare.

Von Andreas Hasenkamp

Das Böse siegt und siecht auf der Bühne des Kulturbahnhofs Hiltrup – am Wochenende sah die Spielstätte des Theaterlabors „Ein König namens Macbeth“, frei nach Shakespeare inszeniert.

Enrico Otto, Leiter des Theaterlabors, hatte das Shakespearesche Original nicht nur auf verträgliche Länge gekürzt, sondern auch pointiert verändert. So erlangen die drei Zauberhexen einen durchgehende Präsenz als einflussreiche Kräfte des Bösen gleich neben der skrupellosen Lady Macbeth. Und weit mehr Raum erhält die Psyche des Macbeth, der sich gegen den Sog des Bösen sträubt, dann im Abgrund der Folgen seiner Tat fürchtet und windet – ein Tribut an das moderne Drama.

Nicht zuletzt hatte Otto die Inszenierung auf den Ort der Aufführungen zugeschnitten. Unter freiem Himmel verkündet der Herold dem alten König die Botschaft vom Sieg des Macbeth (Claus Becker), im Sonnenschein prophezeien die Hexen Macbeth künftige Königswürde. Dann ziehen Protagonisten ins Dunkle, mit ihnen die Gäste, die bald selbst Partei werden, getrennt durch Armbinden, blau oder rot.

Wie die unheilvollen Finger der Hexen stechen vereinzelt Lichtstrahlen ins Innere, tauchen die blutrote Lederjacke der Lady Macbeth (Kathrin Marhofen) in gleißendes Licht, dann den hin- und hergerissenen Macbeth, der mordet und morden lässt, während beständig eine Hexe hinter einem Pfeiler nah dran das Geschehen verfolgt, von unten rot angestrahlt.

Auf der Treppe wird Banquo gemeuchelt, im Obergeschoss kann Macduff Malcolm überzeugen, gegen Macbeth zu ziehen, im Saal schließlich tafelt Macbeth, dem die Seelen der Ermordeten erscheinen, projiziert auf eine übergroße Leinwand.

Da sitzt schon Publikum am Tisch, das „rote“, die königstreuen Schotten. Der Verzicht auf zentrale Bestuhlung schafft Raum, den keine Bühne bieten könnte und ersetzt bestens jegliche Kulisse. Etwa 50 Gäste verfolgten die Uraufführung – genug, um zwei stattliche Heere zu bilden für die letzte Schlacht eines „Königs namens Macbeth“.

Das gesamte Theaterlabor zeigte sich für die erste von drei Aufführungen in großer Form und meisterte die nicht einfachen Gegebenheiten der Akustik. In weiteren Rollen spielten Matthias Liebl, Christina Winkelmann, Dominik Rohlfink, Jörn Knost, Stefan Plathe, Teresa Zierer, Stefan Platze, Lisa Hesse, Petra Grycová, Jutta Nahamowitz, Marlies Schmidt und Ksenija Gumenik. Das Theaterlabor wurde seinem eigenen Ziel beeindruckend gerecht, nach experimentellen theatralischen Formen zu suchen. 


Fotos: Jochen Grebe